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Anfrage an den Haupt- und Finanzausschuss am 03.06.2024
Am 31.01.2024 hat der Oberbürgermeister Sören Link in einem Schreiben an den Ministerpräsidenten seinen Unmut über die Entscheidung NRWs zum Ausdruck gebracht, dass Bundesmodell der Grundsteuerreform ohne Anpassung zu übernehmen. (DS 24-0101)
Der Ministerpräsident Hendrik Wüst versicherte in seinem Antwortschreiben an den Oberbürgermeister Sören Link, dass die Landesregierung mit Hochdruck daran arbeite, „diesen systemischen Fehler des Bundes zu korrigieren. Weiter heißt es in dem Schreiben: „Lässt sich eine Lösung auf Bundesebene nicht realisieren, werden wir als Land von unseren Möglichkeiten Gebrauch machen und eine entsprechende Regelung eigenständig umsetzen“. (DS 24-0101/1)
In der Presse (WAZ vom 03.05.2024) war nun zu lesen, dass das Land sich lediglich dafür einsetzen will, dass die Kommunen die Möglichkeiten erhalten, den Hebesatz für Wohn- und Gewerbeimmobilien zu differenzieren.
Daher bitten wir um Beantwortung folgender Fragen:
1. Mit welcher Begründung hat die Landesregierung die von den Kommunen geforderte Messzahlenanpassung zum Jahr 2025 abgelehnt?
2. Besteht die Aussicht, dass das Land eine Änderung der Steuermesszahl zum Jahr 2026 vornimmt?
3. Die Kommunen lehnen die Splittung der Grundsteuerhebesätze aufgrund des zu hohen bürokratischen Aufwandes, einer drohenden Klagewelle und technischer Hürden grundsätzlich ab.
a. Wie stellt sich der bürokratische Aufwand dar?
b. Wie beurteilt die Verwaltung die rechtlichen Gefahren durch drohende Klagen?
c. Warum wäre eine technische Umstellung im Hinblick auf differenzierte Hebesätze bis 2025 nicht umsetzbar?
4. Wie wird die Stadt Duisburg die Umsetzung der Grundsteuerreform für das Jahr 2025 vollziehen?
a. Werden die Hebesätze erhöht, um die Reform für den städtischen Haushalt aufkommensneutral umzusetzen?
b. Wird die Stadt die Hebesätze senken, um die Grundsteuerreform für die am stärksten belasteten Grundstückseigentümer aufkommensneutral zu gestalten?
c. Entscheidet sich die Stadt dafür zu versuchen, differenzierte Hebesätze noch 2025 umzusetzen?
d. Sieht die Stadt weitere umsetzbare Optionen, um die Grundsteuerreform sowohl für die Stadt als auch für Grundstückseigentümer aufkommensneutral zu gestalten?
5. Wird die Umsetzung der Grundsteuerreform zu Mindereinnahmen im Haushalt führen?
6. Wird die Umsetzung der Grundsteuerreform zu Lastenverschiebungen zwischen Immobilienbesitzern und Besitzern gewerblicher Immobilien führen?
Gez. Erkan Kocalar
Antwort der Verwaltung
Zu Frage 1:
Die regierungstragenden Fraktionen im nordrhein-westfälischen Landtag von CDU und Grünen geben zum Hintergrund ihres gemeinsamen Gesetzentwurfes an, dass hinsichtlich der sich abzeichnenden Belastungsverschiebungen zwischen Wohngrundstücken und Nichtwohngrundstücken landesweit kein einheitliches Bild zu verzeichnen sei. Eine Änderung der landeseinheitlich wirkenden Grundsteuermesszahl würde den unterschiedlichen Begebenheiten in Großstädten und ländlichen Räumen nicht gerecht werden und damit nicht zielführend sein. Bereits vor Einbringung des Gesetzentwurfs begründet das Finanzministerium NRW seine Ablehnung einer Messzahlenanpassung mit fehlenden administrativen Ressourcen; eine Neubescheidung könne den engen Zeitplan gefährden.
Zu Frage 2:
Die kommunalen Spitzenverbände haben sich aus verschiedenen Gründen ausdrücklich gegen ein nach Grundstücksarten differenziertes Hebesatzrecht positioniert. Als Kompromiss hat der Städtetag im April 2024 eine Messzahlenanpassung zum 01.01.2026 vor geschlagen. Angesichts des im Mai 2024 eingebrachten Gesetzentwurfs der regierungs tragenden Fraktionen, der keine zeitliche Begrenzung beinhaltet, ist mit einer späteren Änderung der Steuermesszahl nicht mehr zu rechnen. Seitens des Finanzministeriums NRW wurde vielmehr darauf hingewiesen, dass die Gemeinden die Möglichkeit haben, den Hebesatz für die Grundsteuer jährlich anzupassen.
Zu Frage 3:
a. Die Stadt Duisburg legt die Höhe der Realsteuerhebesätze in der Satzung über die Festsetzung der Hebesätze für die Realsteuern (Hebesatzsatzung) fest. Die Erfahrung mit den zuletzt eingeführten Aufwandsteuern zeigt, dass eine rechtssichere Satzung bei einer neuen Regelungsmaterie aufgrund der hohen und differenzierten Anforderungen der Rechtsprechung bis zur Praxistauglichkeit gegebenenfalls mehrerer Überarbeitungen bedarf. Die von der Landesregierung in diesem Zusammenhang in Aussicht gestellte Mustersatzung kann hilfreich sein, ein Garant für eine rechtssichere Satzungsgestaltung ist diese jedoch nicht. Keinesfalls darf dieser unreflektiert gefolgt werden. Zur Vermeidung von Fehlern beim Satzungserlass ist vielmehr eine eigene Beurteilung und Entscheidung des insoweit allein verantwortlichen Rates der Stadt erforderlich. Hierbei sind die Interessen der Eigentümer von Wohn- und Geschäftsgrundstücken rechtlich einwandfrei gegeneinander abzuwägen. Insofern erfordert bereits der Satzungserlass einen erheblichen Verwaltungsaufwand. Hinzu kommt, dass über die differenzierten gemeindlichen Hebesätze möglicherweise jährlich neu zu debattieren ist.
b. Sollte der Gesetzentwurf tatsächlich beschlossen werden, ergeben sich bei Wahrnehmung der Möglichkeit des differenziertes Hebesatzrechts nach hiesiger Einschätzung - in Übereinstimmung mit der Bewertung des Städtetages - in rechtlicher Hinsicht diverse mögliche Fehlerquellen. Rechtsbehelfsverfahren bzgl. des gesplitteten Hebesatzes wären nach Erlass einer entsprechenden Satzung gegenüber der Stadt Duisburg zu führen. Sollte eine derartige Satzung beschlossen werden, ist angesichts der öffentlichen Diskussion mit einer Vielzahl von Rechtsbehelfsverfahren zu rechnen, wobei die Zahl der potenziellen Rechtsbehelfsverfahren aufgrund der zahlreichen Veranlagungsfälle (rund 130.000 Fälle) erheblich sein dürfte. Nach Stand März 2024 haben laut einer Presseinformation mehr als 17.000 Duisburgerinnen und Duisburger bei den Finanzämtern Einspruch gegen ihre Grundlagenbescheide eingelegt. Gegebenenfalls könnte auch bei der Stadt eine entsprechende Anzahl zu erwarten sein. Es muss mit einer mehrjährigen Verfahrensdauer gerechnet werden, denn selbst nach bestätigenden Entscheidungen der Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichte kann die Satzung noch beim Bundesverwaltungsgericht scheitern. Bis zur letztgültigen Entscheidung würden finanzielle Unsicherheiten verbleiben.
c. Die technische Umsetzung eines differenzierten Hebesatzrechts bis zum Jahresende 2024 wird schwierig. Der Hersteller des Duisburger Steuerverfahrens teilte nach intensiver Prüfung der Thematik hierzu Ende März mit, dass umfangreiche Anpassungen des Grundbesitzabgabenverfahrens zur Umsetzung des differenziertes Hebesatzrecht nötig wären. Zu beachten sind zudem die sich anschließenden notwendigen Testungen nebst Zertifizierung.
Zu Frage 4 a-d:
Aktuell befindet sich das Vorhaben der Landesregierung noch im Gesetzgebungsverfahren. Sollte das Land NRW trotz eindeutiger Kritik der kommunalen Spitzenverbände das Gesetzesvorhaben verabschieden, wird der Rat der Stadt Duisburg - sobald die vollständige Datenbasis der Finanzämter vorliegt - auf der Grundlage einer rechtlichen Bewertung eine Entscheidung zu treffen haben, ob von der Option eines gesplitteten Hebesatzes Gebrauch gemacht wird. Der für eine Aufkommensneutralität erforderliche Hebesatz bzw. - im Falle einer Splittung - die erforderlichen Hebesätze kann bzw. können erst beziffert werden, wenn die vollständige Datenbasis vorliegt. Wollte die Stadt Duisburg - im Falle eines einheitlichen Hebesatzes - die Grundsteuerreform für die am stärksten belasteten Grundstückseigentümer aufkommensneutral gestalten, würde dies zu erheblichen Mindereinnahmen führen und der Haushalt dadurch nicht mehr genehmigungsfähig sein (s. DS 24-0101).
Zu Frage 5:
Wird die Grundsteuerreform aufkommensneutral umgesetzt, wird es zu keinen Mindereinnahmen im Haushalt kommen.
Zu Frage 6:
Erste Simulationen auf Basis von rd. 80 % der von den Finanzbehörden übermittelten Datensätze ergeben auf Messbetragsebene Belastungsverschiebungen zwischen den einzelnen Immobilienformen (s. DS 24-0101), wobei das Messbetragsvolumen auch insgesamt – insbesondere getrieben durch die Geschäftsgrundstücke – deutlich zurückgeht. Sobald die Rechtslage geklärt und die Datenbasis seitens der Finanzverwaltung für das Duisburger Stadtgebiet vollständig ist, wird der Rat der Stadt Duisburg entscheiden müssen, ob die Möglichkeit eines gesplitteten Hebesatzes umgesetzt wird, um die Mehrbelastung für eine Grundstücksart abzumildern.
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